Nicolá Bossard
Student und Aktivist Klimastreik, sitzt seit kurzem für die Grünen im Aargauer Grossrat
«Wenn der Wille da ist, ist ein schneller und fundamentaler Wandel möglich. Das sehen wir mit Blick auf die Geschichte. Während dem Kalten Krieg wurden in der Schweiz auch innert kürzester Zeit flächendeckend zivile Schutzbunker errichtet. Im gleichen Tempo sollten wir jetzt daran arbeiten, kein CO2 mehr auszustossen.»
Bilder: Anita Affentranger
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Eigentlich ist es völlig klar: Es braucht eine Mobilisierung wie im Krieg und heute versuchen wir die Klimakrise mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen zu lösen.
Ich bin Nicolà. Ich bin aus dem Aargau. Ich war an der Neuen Kanti (Aarau), jetzt an der ETH und studiere dort Umweltnaturwissenschaften. Ich habe mich schon mit etwa 15, 16 Jahren für Politik zu interessieren begonnen und mich bald schon auch bei Greenpeace und den Jungen Grünen engagiert. Aktuell bin ich im Grossrat, seit drei, vier Monaten, und wachse rein.
Es ist möglich, die Wirtschaft innert kürzester Zeit umzubauen. Im zweiten Weltkrieg war es die Waffenproduktion, in unserem Fall müssten es beispielsweise Solarpanels oder was auch immer sein. Es wäre möglich, wenn wir es wollten und wenn wir verstanden hätten, wie wichtig, dass es ist.
Solarpflicht wäre gar kein Problem – und es würde sich sogar rentieren. Das schöne ist ja, dass man das wunderbar vergleichen kann mit der Bunkerpflicht, die auch schon sehr lange besteht. Ich will gar nicht beurteilen, ob das eine gute Idee gewesen ist, oder nicht. Aber es zeigt, dass es möglich ist, Leute dazu zu zwingen, etwas zu verändern, auch wenn sie vielleicht kurzfristig nicht einsehen, warum. Man müsste gar nicht von Zwang sprechen. Es wäre Normalität, ja eine Selbstverständlichkeit, dass man eine Solaranlage auf dem Dach hätte.
Wir Grünen fordern eigentlich Benziner, Diesel so rasch wie möglich verbieten. Das machen andere Länder bereits. In Norwegen beispielsweise, hat das fossile Auto ein klares Ablaufdatum erhalten, während man Batterieautos ziemlich fördert. Aber in vielen Fällen, so würde ich behaupten, braucht es gar kein Verbot, sondern einfach ein besseres Angebot. Ich meine, so oft wie heute geflogen wird, das hat es noch nie gegeben. Die Zahlen gingen in den letzten Jahren durch die Decke. Hier müsste man nicht unbedingt das Fliegen verbieten, sondern den Zug viel attraktiver machen.
Ganz fundamental ist, dass wir nicht einfach sagen, dass wir alles, was wir heute brauchen mit erneuerbaren Energien ersetzen. An erster Stelle steht die Frage: Wie viel brauchen wir eigentlich? Geht es nicht auch mit viel weniger? Könnte man nicht gewisse Dinge einsparen? Es geht um Genügsamkeit – das Fachwort ist Suffizienz. Und es braucht eine Alternative zum Wirtschaftswachstum. Wir müssen irgendwie eine andere Art finden, Wohlstand zu definieren. Zeit-Wohlstand beispielsweise. Ich will ganz bewusst nicht mehr als 60% erwerbstätig sein. Ich habe den Anspruch, reich an Zeit zu sein.
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